Wenn es um Mitwirkung in Planungsprozessen geht, wird von den Bürgerinnen und Bürgern meist erwartet, komplexe Sachverhalte innerhalb eines Abends zu verstehen und zu bewerten. Das ist weder fair noch hilfreich. Digitale Formate ermöglichen es, Inhalte verständlich zu vermitteln, und machen Planungen so demokratischer.
Partizipative Prozesse sind in der Planungsbranche kein Novum. Bekanntlich führt der Einbezug der Bevölkerung zur höheren Akzeptanz eines Projekts und zur Möglichkeit, gesellschaftliche Entwicklungen frühzeitig in die Planung zu integrieren. Meist beschränkt sich das Angebot zur Partizipation auf eine oder mehrere physische Veranstaltungen. Glück hat, wer Ort und Zeit erfährt und sich danach richten kann. Noch mehr Glück haben diejenigen, die Projektinhalte auch anhand einer Präsentation, die nicht an ihr Zielpublikum angepasst wurde, verstehen. Nicht selten richten wir dabei unsere Blicke auf den technischen, zweidimensionalen Plan, wie er schon vor zwanzig Jahren auf dem Tisch lag. Doch lässt sich das im Zeitalter von Video, 3D-Animation und Online-Umfragen überhaupt noch verantworten?
Die Leute sollten auch früher schon mitreden. Weil die Leute die Sache dann besser finden. Und weil die Profis dann auf die Wünsche von den Leuten achten können. Aber fürs Mitreden gibt es nie viel Zeit. Meistens gibt es nur sehr wenige Treffen. Manche Leute kriegen den Termin gar nicht mit. Dann können sie auch nicht mitreden. Andere Leute verstehen die schwierigen Sachen nicht so schnell. Zum Erklären malen die Profis ihre Sachen oft auf ein Blatt Papier. Das haben die immer so gemacht. Aber kann man die Sachen nicht viel einfacher am Computer erklären?
Digitales Wischen und analoges Gähnen
Heute tippen und swipen ganze Generationen unbeirrt und selbstverständlich durchs World Wide Web. Die Benutzerfreundlichkeit steht bei den digitalen Inhalten im Zentrum. Was nicht klar und verständlich präsentiert ist, wird weggeklickt. In der physischen Welt mag die Aufmerksamkeitsspanne ein wenig länger sein, doch auch hier ist die Zugänglichkeit entscheidend. Klar also, dass Inhalte – ob digital oder analog – auf ihr Zielpublikum zugeschnitten werden müssen. Der allgemein herrschende Zeit- und Spardruck in Projekten verleitet jedoch dazu, die Ressourcen für Öffentlichkeitsarbeit gering zu halten. Dies führt nicht selten dazu, dass nur ein Bruchteil der Betroffenen an Partizipationsveranstaltungen teilnimmt. Wenn dann noch Reglemente und Normen die Hauptinhalte der Präsentationen sind, wandern die Blicke auch gerne mal aus den Turnhallenfenstern hinaus.
Digitale Kommunikationsmittel sind geeignete Werkzeuge, um Projektinhalte und Prozesse aus dem Fachjargon in eine allgemein verständliche Sprache zu übersetzen.
Dabei profitieren nicht nur die Mitwirkenden, sondern auch die Planenden davon, wenn Projektinhalte auf den Punkt gebracht und verständlich gemacht werden. Digitale Kommunikationsmittel sind geeignete Werkzeuge, um Projektinhalte und Prozesse aus dem Fachjargon in eine allgemein verständliche Sprache zu übersetzen. Gerade der in der Planungsbranche wichtige dreidimensional-räumliche Kontext ist oft nur für Expertinnen und Experten erschliessbar. Dabei liegt es insbesondere im Interesse der Planenden, wenn auch Einsitzende in politischen Gremien die Projektinhalte nachvollziehen können.
Manchmal sind die Treffen langweilig
Heute sind sehr viele Leute im Internet. Die meisten Sachen im Internet kann man leicht benutzen. Manchmal sind Sachen im Internet aber auch schwierig zu benutzen. Dann gehen die Leute ganz schnell woanders hin. Im richtigen Leben bleiben die Leute ein bisschen länger da. Aber auch im richtigen Leben soll man die Sachen leicht benutzen können.
Die Leute sollen die Sachen immer verstehen können. Dafür muss jemand richtig nachdenken und die Sachen gut erklären. Aber heute sollen alle immer Geld sparen. Dann will man kein Geld bezahlen für jemanden zum Denken und Erklären. Aber dann können auch fast keine normalen Leute mitreden. Manchmal reden die Profis beim Treffen nur über Regeln und Gesetze. Dann wird es den normalen Leute langweilig und sie hören nicht mehr zu.
Mit Computern kann man schwierige Sachen einfacher erklären. Und man kann schwierige Wörter in einfache Wörter übersetzen.
Das ist schade für die Profis und das ist schade für die normalen Leute. Denn eigentlich wollen beide zusammen reden und was lernen. Da können Computer helfen.
Mit Computern kann man schwierige Sachen einfacher erklären. Und man kann schwierige Wörter in einfache Wörter übersetzen. Manchmal reicht der Plan auf dem Blatt Papier nicht aus. Den Plan auf dem Papier verstehen manchmal nur die Profis. Die normalen Leute verstehen den Plan dann nicht. Aber die Profis wollen ja mit den normalen Leuten reden.
Not macht erfinderisch
Die Harmonisierung der Baubegriffe im Kanton Luzern steckte der Horwer Teilrevision der Ortsplanung einen engen Zeitrahmen. Die Informationsveranstaltung, die die Mitwirkungsauflage hätte einleiten sollen, konnte aufgrund der Corona-Pandemie nicht wie geplant im Frühjahr 2020 stattfinden. Da eine Auflage während der Sommerferien generell ungünstig ist, entschied sich die Gemeinde Horw, aus der Not eine Tugend zu machen und neue Kommunikationswege zu beschreiten. Anhand von vier Videos wurde das Räumliche Entwicklungskonzept 2040 erklärt. Darin verwoben sich animierte Grafiken, Karten, Drohnenaufnahmen, Interviews mit Projektbeteiligten und das 3D-Gemeindemodell zu kurzen Erklärstücken. Die Videos sind auf einer Webseite mit ergänzenden Informationen und dem interaktiven 3D-Modell eingebettet. Zudem enthält die Plattform ein Mitwirkungsformular. Die briefliche Eingabe war jedoch auch nach wie vor möglich.
Der Wechsel von analog zu digital erfolgte in Horw sehr kurzfristig. Das machte es schwierig, die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig über neue Kommunikationskanäle abzuholen. Und es zeigt, wie wichtig die Einbettung digitaler Formate in die Projektplanung sowie eine durchgehende Kommunikationsstrategie von Projektstart bis zum Abschluss sind. Nur so wird die nötige Aufmerksamkeit generiert und das potenzielle Publikum angesprochen. Auch ist es von Vorteil, wenn alle in die Planung Involvierten vor Ort als Multiplikatoren wirken und ihr Umfeld und ihre Kontakte in der Gemeinde für die doch eher abstrakten Themen der Planungen sensibilisieren.
Was neues probieren
Im Kanton Luzern musste man neulich manche Wörter fürs Bauen ändern. Die Profis von der Gemeinde Horw hatten dafür nicht viel Zeit. Es sollten auch wieder die normalen Leute mitreden. Aber das ging nicht wegen dem Corona-Virus. Und dann kamen die grossen Ferien. Also hat die Gemeinde Horw was Neues probiert. Sie haben ihre Pläne mit Filmen erklärt. In den Filmen gab es zum Beispiel Karten und Bilder. Und Fotos aus der Luft. Und Gespräche mit den Profis. Die Filme kann man auf einer Seite im Internet anschauen. Auf der Seite im Internet gibt es noch mehr Informationen. Und man kann auf der Seite im Internet auch mitreden. Aber man kann auch immer noch einen Brief mit der Post schicken.
In der Gemeinde Horw ging das mit dem Computer jetzt sehr schnell. Viele Leute wussten gar nichts von den Filmen und der Seite im Internet. Daraus kann man was lernen. Man muss immer an die Erklärungen mit dem Computer denken. Von Anfang bis zum Ende. Und man muss immer mit den normalen Leuten in Kontakt bleiben. Nur so werden die normalen Leute neugierig und interessiert. Und alle Profis sollen mit ihren Freunden über die Sache reden. Dann kriegen es noch mehr Leute mit. Und dann denken die Leute: Die Sache ist zwar schwierig aber wichtig.
Senden und Empfangen
Digitale Werkzeuge wie Diskussionsräume, Newsletter oder Umfragen sowie deren Echtzeitauswertung machen eine digitale Partizipation sehr flexibel. Unabhängig von Ort und Zeit ermöglichen sie einer breiten Bevölkerungsgruppe, sich zu informieren, an Diskussionen teilzunehmen und direkt mitzuwirken. Neben der Flexibilität eröffnet sich im digitalen Raum auch ein breites Spektrum an Möglichkeiten , Sachverhalte zum Beispiel mit 3D-Modellen oder animierten Videos – auf jeden Fall adressatengerecht zu präsentieren und zu erklären.
Hat der direkte menschliche Kontakt damit keinen Wert mehr? Beschränkt sich Interaktion in Zukunft nur noch auf Einsen und Nullen? Nun, das hängt davon ab, ob wir uns der Digitalisierung einfach so ergeben oder digitale Werkzeuge parallel zu klassischen Präsenz-Veranstaltungen etablieren, beides gekonnt kombinieren und die jeweiligen Stärken gezielt einsetzen.
Die normalen Leute müssen es verstehen
Mit dem Computer und dem Internet kann man mit den Leuten reden. Mit einer Umfrage sieht man zum Beispiel: Das denken die Leute gerade. Das ist sehr einfach und das bringt viele Vorteile. Die Leute müssen dann nicht mehr extra zum Treffen kommen. Aber es können trotzdem alle mitreden. Und mit dem Computer kann man Sachen besser erklären als auf Papier. Dann verstehen nicht nur die Profis die Sachen. Dann verstehen auch die normalen Leute die Sachen. Aber soll es dann gar keine richtigen Treffen mehr geben? Treffen sich die Leute dann nur noch im Internet? Vielleicht machen wir alles nur noch mit dem Computer und dem Internet. Vielleicht wechseln wir das aber auch ab. Mal ein richtiges Treffen und mal ein Treffen im Internet. Das müssen wir selber entscheiden. Hauptsache die normalen Leute verstehen uns.
Übersetzung einfache Sprache: Holger Fröhlich
Sario Haladjian
Digital Designer, Zeichner und Berufsbildner. Seit 2012 bei der Metron Verkehrsplanung AG. Tätig in den Bereichen Webentwicklung, Motion Design, 3D-Animation sowie Film.